Wie sieht eine Behandlung beim Pferd aus?
Grundsätzlich findet die Behandlung im gewohnten Lebensumfeld der Tiere statt, also ihrer Stallung, dem Hof und den umgebenden Koppeln. Wichtig ist, dass sie sich wohlfühlen und entspannen; dafür kann sogar die Anwesenheit von ‚Freunden‘ von großer Bedeutung sein. Während eines Turniers etwa sind Pferde oft unruhig und angespannt, aber auch nach Rangeleien mit Artgenossen auf der Weide; in diesem Zustand können Blockaden nur sehr schwer ertastet werden. Etwa eine halbe Stunde vor der Behandlung sollten die Pferde geführt werden; gut ist zum Beispiel ein Spaziergang, damit die Muskulatur warm wird, extremes Reiten sollte aber unbedingt vermieden werden. Auch eine Decke kurz vor dem Termin ist eine gute Idee.
Beim Signalement werden zunächst die Vorgeschichte und einige Stammdaten abgeglichen: Wie alt ist das Pferd, welcher Rasse gehört es an, wie viel wird es geritten, wie häufig wird es gefahren – alle diese Informationen können Hinweise auf bestimmte Dispositionen liefern. Bei der Anamnese erzählt der Besitzer zunächst, was er an seinem Tier beobachtet hat; dabei wird auch auf Haltung und Fütterung des Tiers eingegangen. Ein erstes Abtasten findet statt, etwa nach Anzeichen für Entzündungen oder muskuläre Asymmetrien.
Die anschließende Vorführung dient der Analyse des Gangbilds und findet stets im Schritt statt, weil im Schritt der größte Bewegungsradius der Gelenke zu beobachten ist – im Trab kann das Pferd durch seine Geschwindigkeit Taktunreinheiten ausgleichen, deshalb sind Fehlstellungen und Blockaden dann schwerer zu erkennen. Die so gewonnen Einsichten werden schriftlich festgehalten und gegebenenfalls mit einer Filmaufnahme dokumentiert, um am Ende der Behandlung eine vergleichende Gegenüberstellung vorzunehmen.
Die Behandlung der Blockade wird auf dem sogenannten Bale vorgenommen. Dabei handelt es sich um eine stabile, gepolsterte Kiste in Leichtbauweise; die Erhöhung ist nötig, um den richtigen Winkel im Verhältnis zu den Wirbeln zu treffen. Beim Lösen der Blockade folgen die Hände stets den Gelenkswinkeln, dadurch wird nur wenig Kraft benötigt. Chiropraktik ist alles, nur kein „Knochenknacken“: Die Behandlung besteht nicht darin, einen Wirbelkörper mit mechanischer Kraft wieder in seine Position zu rücken, sondern dem Gehirn durch das Ansprechen bestimmter Rezeptoren zu signalisieren, dass es die Verspannung des Muskels wieder aufheben kann. Manuell behandelt werden immer nur einzelne Bewegungseinheiten, und durch das Einhalten des richtigen Winkels wird auch wenig Druck benötigt.
Zunächst werden die Gelenke gegeneinander in einem bestimmten Rhythmus bewegt; so lassen sich die Blockaden genauer lokalisieren. Hier beginnt bereits ein erstes „Adjustement“. Begonnen wird in der Regel am unteren (hinteren) Teil der Wirbelsäule. Viele Pferde reagieren auf Berührungen am Kopf empfindlich und können zu Beginn der ersten Behandlung noch nicht einschätzen, was geschieht; erst später verstehen sie, dass man ihnen Gutes will. Zwischendurch lässt man die Tiere auch immer wieder mal laufen.
Auf die Wirbelsäule folgen die Rippen, dann die Halswirbelsäule – auch hier sind viele Probleme angesiedelt. Darauf folgt die Untersuchung des Kopf- und Genickbereichs und des Kiefergelenks, schließlich werden auch die Beine überprüft; die Reihenfolge kann natürlich abhängig von der Problemstellung abweichen. Zum Abschluss der Behandlung folgt je nach Problemstellung der Vergleich mit dem zu Beginn aufgenommenen Film.
Darüber hinaus lohnt oft der Blick auf den Sattel – Beschädigungen oder Fertigungsfehler können mit verantwortlich für Blockaden und Entzündungen sein. Je nach Befund sollte das Tier dann nochmals vom Besitzer geritten werden, damit gegebenenfalls Vorschläge zur Reitpraxis oder Bodenarbeit gegeben werden können, um den Rückfall in die gewohnten Schonhaltungsmuster zu verhindern. Am ersten und zweiten Folgetag kann es vorkommen, dass das Tier Muskelkater hat und das Gangbild noch zäher erscheint als vor der Behandlung; das löst sich aber in den Tagen darauf. Auf jeden Fall sollte das Tier am ersten Folgetag ruhen können und nicht geritten werden, kleine Spaziergänge im Schritt an der Hand sind zu befürworten, da sie die Durchblutung fördern und Muskelverklebungen lösen.
In schwerwiegenden Fällen sollte nach 2-3 Wochen eine Wiedervorstellung erfolgen. Sofern alles in Ordnung ist, sind regelmäßige Checks mit den Jahreszeitenwechseln zu empfehlen.
Wie sieht eine Behandlung beim Hund und anderen Kleintieren aus?
Der Ablauf der Behandlung von Hunden und anderen Kleintieren gleicht der von Pferden in den meisten Punkten. Auch Kleintiere werden zuhause untersucht, und wie bei Pferden auch ist das Wohlgefühl oft von Bedeutung für die Erkennung von Problemen. Hunde können im Unterschied zu Pferden sowohl im Stehen als auch im Liegen behandelt werden; hier wird auf das Tier eingegangen und geprüft, welche Haltung ihm angenehmer ist. Auch für Hunde empfehlen sich fallabhängig bestimmte Nachübungen, die dazu dienen, zukünftige Blockaden zu verhindern, bestimmte Muskelgruppen aufzubauen oder diese zu entspannen.
Die Wiedervorstellung sollte in schwerwiegenderen Fällen 2-4 Wochen nach der Behandlung erfolgen.
Das Kiefergelenk
Dem Kiefergelenk ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen, denn es steht in direktem Zusammenhang mit dem stomatognatischen System, das für die Gleichgewichtswahrnehmung des Tieres zuständig ist. Fehlstellungen finden sich bei Pferden wie Hunden, bei Pferden rühren diese oft von falschen Fütterungsmethoden her.
Mit dem Kiefergelenk verbunden ist das Zungenbein, dieses wiederum ist mit der Muskulatur des Kopfes und bis zum Schultergürtel verbunden. Aus diesem System werden Informationen ans Gehirn gesendet, die die Stellung des Körpers im Raum betreffen, sowohl in Relation zum Boden als auch der verschiedenen Körperteile zueinander. Unstimmigkeiten in diesem System bringen den gesamten Körper aus der Balance. Deshalb ist die Behandlung des Kiefergelenks sehr wichtig und gegebenenfalls mit Zahnkorrekturen verbunden.
Turniertiere
Bei Wettbewerbsleistungen im Turnier- und Rennsport können bereits kleine Blockaden die Entfaltung des vollen Potentials eines Tiers verhindern. Wegen der hohen, kurzfristigen Beanspruchung in Hochleistungssituationen liegt die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Mikrotraumata bedeutend höher. Neben der Behandlung bereits bestehender Blockaden ist die Aufgabe der chiropraktischen Behandlung dafür zu sorgen, dass Entzündungen der Muskulatur gar nicht erst chronisch werden, damit die Tiere jederzeit eine optimale Leistung erzielen.
Bei Turniertieren – Hunden wie Pferden – sollte die Erstbehandlung niemals direkt vor dem Turnier stattfinden, sondern während einer Turnierpause.